Der Traum
von Freiheit und Glück
Drei Freunde stehen beisammen und unterhalten sich über das Leben.
"Wisst ihr", sagt der eine, "in 10 Jahren werde ich 50. Dann
möchte ich mich zur Ruhe setzen und das Leben nur noch genießen. Die Kinder
sind versorgt, mein Ältester übernimmt meine Firma. Dann möchte ich mit meiner
Frau verreisen, die Welt sehen, richtig lange unterwegs sein, Spaß haben, es
mir gut gehen lassen. Bis dahin muss ich noch viel arbeiten, um mir alles zu
ermöglichen. Doch dann bin ich endlich frei. Dann beginnt endlich das richtige
Leben."
Eine Woche später sagt ihm der Arzt, dass er Krebs hat.
Der andere denkt sich: Mensch, das Leben ist kurz und voller Überraschungen.
Das soll mir nicht passieren. Ich werde es besser machen. Ich werde jetzt
beginnen zu leben. Nicht später. Ich verkaufe die Firma sofort, ziehe in den
Süden, verlasse meine Frau und suche mir eine hübsche junge Freundin. Ich werde
all meine Träume jetzt sofort leben, all das, was ich immer schon wollte und
mich nicht getraute. Ich werde es jetzt tun.
Da kommt ein Bus vorbei und überfährt ihn.
Der dritte Mann hatte dem Gespräch still zugehört und das Geschehene still
beobachtet. Er macht einfach weiter wie bisher. Er arbeitet und führt ein ganz
gewöhnliches Leben.
Ein anderer fragt ihn: "Sag, hast du nicht Angst, dass dir das gleiche
widerfährt, wie deinen Freunden? Willst du jetzt nicht auch dein Leben
verändern und es noch besser machen?"
Der Mann lächelt, sieht den Wolken nach und antwortet nach einer Weile:
"Ich wüsste nicht, wozu ich anders leben sollte, als ich es bisher tue.
Ich wüsste nicht, wohin ich gehen sollte, um etwas zu suchen, was ich nicht
ohnehin schon habe. Ich schließe die Augen und finde unendliche Freiheit. Ich
schließe die Augen und finde sprudelndes Leben. Ich schließe die Augen und
finde immense Zufriedenheit, Erfüllung und Glück. Ich schließe die Augen und
finde Wahrheit. Ich schließe die Augen und finde mich. Sag mir, was mehr kann
es geben?"
Asmita Pistorius